2-1. Szene                                                                                                                               Wien. Ringstraßenkorso. Sirk-Ecke. 23. Mai 1915

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(Anm. Italien war zu Beginn des Krieges in den »Dreibund« mit Deutschland und Österreich eingebunden und man erwartete, dass es sich dem Krieg auf der Seite der Mittelmächte anschließen würde. Italien erwartete sich allerdings als Belohnung einen Gebietszuwachs um das Trentino im Norden und die Stadt Triest. Österreich weigerte sich jedoch, diese Bedingung zu akzeptieren und so trat ein Teil der italienischen Regierung in Geheimverhandlungen mit England und Frankreich ein. Am 23. Mai 1915 trat Italien schließlich an Seite der »Entente« in den Krieg ein.)

Polnischer Jude (Zeitungsverkäufer), sesshafter Wucherer, Agent (reisender Geschäftsmann), Zeitungsausrufer, Bermann (enthoben), Weiß (eingerückt), 4 Offiziere, Intellektueller und sein Begleiter, Poldi Fesch und sein Begleiter, Gesang vorbeiziehender einrückender Soldaten, drei Schieber mit Zahnstocher im Maule, drei deutsche Grenadiere, jeder begleitet von einem Wiener Gemeindeorgan in Frack und Zylinder, zwei Reporter, Berliner Schieber und Dienstmann, Rufe aus der Menge / Schwerverwundeter auf Krücken mit Gliederzuckungen, auffallend gekleidete Dame, Soldat auf Krücken, deutsche Soldaten (Feldgraue) / Galizische Flüchtlinge, Schieber, Berufsoffiziere, wehrfähige Zivilisten

23. Mai 1915. Das Publikum besteht in der überwiegenden Mehrheit aus galizischen Flüchtlingen, Schiebern, Berufsoffizieren auf Urlaub, solchen, die ein Spitalskommando innehaben oder sonst zu leichterem Dienst im Hinterland verwendet werden und aus wehrfähigen Zivilisten, die sichs gerichtet haben.

(2.1.1)                                                                                                                                                                         Sesshafter Wucherer & Agent

Ein polnischer Jude: Extrosgabee – kofen Sie mir ab, meine Damen und Herrn –

Ein sesshafter Wucherer: Das hat uns noch gefehlt, daß wir den Pofel herbekommen – wo man hinschaut, nix wie Juden! Was wern sie anfangen? Bleiben und unsere Geschäfte machen!

Der Agent: Vorläufig kann ich nicht klagen. Wenn ich auch bei weitem nicht sagen könnte, daß es mir so gut geht wie Ornstein.

Der Wucherer: Welcher Ornstein? Ornstein der Enthobene?

Der Agent: Selbstredend. Er hat letzten Samstag an Tornister achtahalb Tausender verdient auf einen Telephongespräch, Gewure! (Was für eine Tatkraft!)

Der Wucherer: Habachaachgehert. Was war er vor dem Krieg?

Der Agent: Vor dem Krieg, das wissen Sie nicht? Zindhelzl! Die Vertretung von Lauser & Löw (in Prag). Jetzt macht er. Er hat gesagt, er wird mir auch verschaffen. Er is intim mit etwas einem Major.

(Ein Schwerverwundeter auf Krücken, mit Gliederzuckungen, schleppt sich vorbei.)

Der Wucherer: Ja, jetzt heißt es durchhalten.

Ein Zeitungsausrufer: Extraausgabee –! Neue Freie Presse! Kroßa Sick der Deitschen in Galizieen! Blutige Abweisung im Naahkaamf!

Der Wucherer: Knöpflmacher muß auch schon hübsch verdienen. Haben Sie gehört, (der Wein- und Bierhändler) Eisig Rubel geht sich täglich herauf in die Spirituszentrale, was sagen Sie, weit gebracht! Was ich sagen wollte, gediegen war gestern der Artikel über den seelischen Aufschwung.

Der Agent: Sie heut hab ich gehört, um fufzig Perzent gehn sie mit Leder in die Höh.

Der Wucherer: Was Sie nicht sagen, da wird doch Katz in die Breite gehn, der wird nicht mehr wissen, wo ein und aus, der is imstand, Sie wern sehn und wird noch adelig. Unsereins gibts billiger. Wissen Sie, was ich einmal mecht? Ich mecht einmal einen Nagel hereinschlagen in dem Wehrmann (in Eisen, am Schwarzenbergplatz) neben dem Imperial, aus Hetz, geh mr hin, was liegt Ihnen dran, ma is in guter Gesellschaft, was liegt Ihnen dran, eine Krone und man kriegt ein Blatt, wo der Name eingetragen is für kommende Geschlechter für die Annalen!

Der Agent: Lassen Sie mich aus mit solche Narrischkaten.

Der Wucherer: Da kommt Bermann! Enthoben!

Bermann: Servus!

Der Wucherer: Gehn Sie mit nageln in den (eisernen) Wehrmann, Bermann?

Bermann: Hab scho genagelt.

(Ab.)

Der Wucherer: Gut, geh ich selbst!

Der Agent: Ich bin kein Freund von solche Schmonzes.

Der Wucherer: Was heißt Schmonzes? Schaun Sie sich an, was für Leute (sich da schon beteiligt haben) – das war einmal eine Idee! (Gegen den Erlag von wenigstens einer Krone ist jedermann berechtigt, sich durch Einschlagen eines Nagels in das am Schwarzenbergplatz aufgestellte Ritterstandbild an der Schaffung eines Kriegsdenkmales zu beteiligen. Der Erlös dient doch der Unterstützung von Witwen und Waisen der gefallenen Soldaten. Die ersten haben der Erzherzog Leopold Salvator, der deutsche Botschafter Tschirschky-Bögendorff und der türkische Botschafter Hussein Hilmi-Pascha als unsere Verbündete eingeschlagen.) Auf die Art kommt viel herein für unsere braven Soldaten und man hat ein Andenken an die große Zeit. (Dieser Ritter soll also im wahren Sinne des Wortes in Eisen gehüllt werden und in "Eisen starrend" eine Erinnerung an den Krieg und daran sein, dass wir in dieser schweren Zeit für die Hinterbliebenen unserer Helden sorgten. Damit aber späteren Geschlechtern ein unzweifelhafter Beweis in Händen bleibt, dass ein Vorfahr an dieser Aktion mitwirkte, erhält jeder Teilnehmer ein Gedenkblatt, das sich in den Familien vererben soll; außerdem wird der Name in ein Gedenkbuch eingetragen, welches die Stadt Wien aufbewahrt. No, schlecht?) – Sie, schaun Sie –

(Eine auffallend gekleidete Dame geht vorbei, die beiden bleiben stehn.)

Beide: Unter mir gesagt.

Der Agent: Haben Sie gehört, wie sich Raubitschek und Barber patzig machen mit der Medaille vom Roten Kreuz?

Der Wucherer: Tut sich was. No was haben sie geben müssen?

Der Agent: E Pappenstiel. Aber sie hätten auch für die große gegeben, wenn sie sie kriegen möchten. Die is nur für Verdienste. Die kostet Unsummen!

Der Wucherer: Bittsie wer kann sich das leisten, und die es sich ja leisten können, wollen lieber Titeln. Eduard Feigl, der Konservenfeigl, der Große, wird, heißt es, Baron. Sofort nach dem Frieden.

Der Agent: Wer denkt jetzt an Frieden, jetzt sind andere Sorgen.

Der Wucherer: Was sind Sie auf einmal so kriegerisch? Mir scheint, Sie haben eine große Sache in Aussicht? No habach erraten??

Der Agent: Große Sache, Schmock was Sie sind, große Sache. Ma bringt sach durch.

Der Wucherer: Recht ham Sie. Ich steh auf den Standpunkt, Krieg is Krieg. Bittsie, ob die jungen Leut sich beim Automobilfahren den Hals brechen oder gleich fürs Vaterland – ich kann solche Sentimentalitäten nicht mitmachen.

Der Agent: Das is aber ja wahr. Das fortwährende Geschimpfe am Krieg wachst mir schon zum Hals heraus. Manches is ja teurer geworn – aber das gehört dazu! Ich versicher Sie, da wern noch viele sein, die heut so tun, da wird ihnen noch sehr mies wern, wenn sie hörn wern, es kommt Frieden.

Der Wucherer: Gewiß, wir sind doch heute mit Leib und Seele dabei –

Der Agent: Und mitten drin, grad wo sie sich Verdienste geschafft haben, soll es auf einmal zu End sein?

Der Wucherer: Nebbich, unsere braven Soldaten.

Der Agent (in ein schallendes Gelächter ausbrechend): Das is gediegen – Was ham Sie verstanden? Ich red vom Geschäft und Sie – (er lacht und hustet) Ein Staub ist heut wieder, Schkandaal das geb ich in die Presse unter die Rubrik »Der Mistbauer (Müllmann) im Eisen« – was red ich, »der Wehrmann und die Fliege« – oder nein –

Der Wucherer: Hab auch schon mein Scherflein beigetragen, vor unserem Haus is nämlich seit geschlagenen drei Monaten (der Mist nicht weggebracht worden) –

Der Agent: Schaun Sie da her wer sich daherkommt, Weiß in Uniform! Das hat die Welt nicht –

(Weiß bleibt mißmutig stehn.)

Der Agent: Also – eingerückt?

Weiß: Scho lang, scho gor net mehr wohr.

(Ab.)

Der Wucherer: Was aus die Leut wird! Wer hätt das noch vor einem Jahr gedacht – wenn man mir gesagt hätte – Weiß wern sie nehmen! Einen Menschen, den ich hab verdienen lassen!

Der Agent: Er is sehr mißmutig nebbich.

Der Wucherer: Nicht Brot auf Hosen hat er gehabt. Jetzt hat er des Kaisers Rock. Ja, es is eine große Zeit.

Der Agent: Sie was man nicht für möglich halten sollte, hörn Sie mich an, seit acht Tag telephonier ich zu Kehlendorfer für (Eintrittskarten zu) Husarenblut«. Auf vier Wochen ausverkauft. Ich sag Ihnen, der Krieg wird vorüber sein und wir wern »Husarenblut« nicht gesehn haben! Meine Frau quält mich doch –

Ein Zeitungsausrufer: – Der Ansturm abgewieseen – Alle Stellungen genohmen!

Der Wucherer: Und ich sag Ihnen, nicht zu vergleichen mit »Herbstmanöver«. No und was sagen Sie zur »Csardasfürstin« was die Leut hermachen! Warn Sie schon bei »Fürstenkind« (im Johann Strauß-Theater)?

Der Agent: »Fürstenkind«, selbstredend war mr! Da kommt doch – warten Sie – da kommt doch der großartige Witz vor, wo sich das Haus wälzt, »das warn die ramasurischen Sümpfe«. Das Haus dröhnt, wie er das herausbringt (der Hubert) Marischka –

(Ab.)

(2.1.2)                                                                                                                                                                                                          Vier Offiziere

1. Offizier (zu drei anderen): Grüß dich Nowotny, grüß dich Pokorny, grüß dich Powolny, also du – du bist ja politisch gebildet, also was sagst zu Italien?

2. Offizier (mit Spazierstock): Weißt, ich sag halt, es ist ein Treubruch, ganz einfach.

3. Offizier: No was willst von die Katzelmacher anderes verlangen – also natürlich.

4. Offizier: Ganz meine Ansicht – gestern hab ich mullattiert –! habts das Bild vom Schönpflug gsehn, Klassikaner!

1. Offizier: Weißt was ich möcht nach langer Zeit, möcht wieder amal in die Gartenbau.

2. Offizier: Geh, bist denn verwundet?

3. Offizier: Wieso verwundet?

4. Offizier: Er ist doch nicht verwundet.

1. Offizier: Ich bin doch nicht verwundet.

2. Offizier: No weißt denn nicht, die Gartenbau is doch jetzt a Spital!

(Alle lachen.)

1. Offizier: Richtig, a Spital – (nach einigem Nachdenken) Weißt, das hab ich dir auf den Tod vergessen – jetzt dauert der Krieg schon so lang –

(Ein Soldat auf Krücken kommt vorbei.)

2. Offizier: Soll ich den stelln, der salutiert blöd –

1. Offizier: Mach kein Aufsehn, apropos was is mitn Militärverdienstkreuz?

Ein Zeitungsausrufer: Blutige Abweisung im Naahkaamf bittee –!

2. Offizier: Ich bin eingegeben – zu blöd, wie lang das dauert.

3. Offizier: Eine Wirtschaft!

4. Offizier: Was wollts ihr haben, Krieg is Krieg. Heut sind keine Menscher.

1. Offizier: Wißts ihr, was? Gehmr (rüber) zum Hopfner!

(Ab.)

Ein Intellektueller (zu seinem Begleiter): Ich versicher Sie, solange die Mentalität unserer Feinde –

(Beide ab.)

Poldi Fesch (zu seinem Begleiter): Heut soll ich mit dem Sascha Kolowrat drahn –

(Ab.)

(Man hört den Gesang vorbeiziehender Soldaten:)

Gesang vorbeiziehender Soldaten:

In der Heimat, in der Heimat

da gibts ein Wiedersehn –

(2.1.3)                                                                                                                                                                                                          Drei Schieber

(Drei Schieber mit Zahnstocher im Maule treten aus dem Rostraum des Hotel Bristol)

1. Schieber: Sie, gestern war ich beim (Vortragskünstler) Marcel Salzer (im Apollo). Ich sag Ihnen meine Herrn, das sollten Sie (wirklich) nicht versäumen.

2. Schieber: Soo guut?

1. Schieber: Ja! Sie, da trägt er Ihnen ein Gedicht vor, von etwas einem berühmten Dichter, weiß ich, wie er heißt – warten Sie ja – (Franz Karl) Ginzkey!

3. Schieber: Teppiche.

1. Schieber: Er soll sogar verwandt sein. Also, da kommt vor (die Schlacht) von Tannenberg, wie sie (General) Hindenburg (die Russen) hereintreibt in die (masurischen) Sümpfe – Sie ham doch in der Presse gelesen damals die packende Schilderung –

2. Schieber: Ich weiß noch den Titel: »Umfassung der russischen Truppen durch die deutsche Armee und Hereinwerfen in die masurischen Sümpfe. «

1. Schieber: Ja, also das kommt genau vor, aber mehr komisch, und da macht er gluck-gluck und gluck-gluck, wie sie (alle) ersticken (die Soldaten). Ich sag Ihnen und dabei das betamte Gesicht, was er macht, Salzer, die Äuglein – es is sein Geld wert.

3. Schieber: Ps – Sie – da kommen (deutsche Soldaten) Feldgraue!

(Sie bleiben stehn.)

2. Schieber (andächtig): In schimmernder Wehr. (Prächtig!)

1. Schieber: Ja, die Deitschen!

(2.1.4) »                                                                                                              Drei deutsche Grenadiere & drei Wiener Gemeindeorgane

(Es treten hintereinander drei deutsche Grenadiere auf, jeder begleitet von einem Wiener Gemeindeorgan, das Frack und Zylinder trägt.)

1. Gemeindeorgan: Durt is die Oper, jetzt kommen wir in die Kirntnerstraße, woselbst ich Ihnen den Stock im Eisen zeigen werde, das größte Wahrzeichen von Wien, was mir ham, errichtet zum Andenken, daß vorüberziehende Handwerksburschen jeder einen Nagel einigschlagen haben, gradaso wie Sie's beim Wehrmann in Eisen gsehn haben. Dann kommt die sogenannte Pestsäule, weil damals in der Wienerstadt die Pest gewietet hat und da hat er ein Gelübde getan, an dera Stelle eine große Sehenswürdigkeit zu errichten.

1. Grenadier: Ach was, Donnerwetter!

2. Gemeindeorgan: Durt is die Oper, jetzt gehn wir durch die Kirntnerstraße, zum sogenannten Stock im Eisen, das ist ein Wahrzeichen, weil dort vorüberziehende Handwerksburschen jeder einen Nagel einigschlagen haben. Dann zeige ich Ihnen die Pestsäulen, da hat er nämlich ein Gelübde getan, weil damals die Pest gewietet hat, gradaso wie beim Wehrmann in Eisen, und darum is dort eine Sehenswürdigkeit errichtet.

2. Grenadier: Famos, Donnerwetter!

3. Gemeindeorgan: Da ham S' die Oper. Jetzt kommt aber gleich die Kirntnerstraße, da gehn mir zum Stock im Eisen, in den haben nämlich die vorüberziehenden Handwerksburschen einen Nagel einigschlagn, gradaso wie sie's jetzt beim Wehrmann (in Eisen am Schwarzenbergplatz) tun. Dann führ ich Ihnen am Graben zu einer Sehenswürdigkeit, zum größten Wahrzeichen was mir ham, indem nämlich durt die Pest gewietet hat an dera Stelln, und da hat er ein Gelübde getan und so is bekanntlich der Stock im Eisen entstanden.

3. Grenadier: Donnerwetter, schneidich!

1. Reporter (zu einem zweiten): Sehn Sie, da kann man einmal sehn, was das heißt Schulter an Schulter.

2. Reporter: Sie scheinen sich gut zu verstehn, aber man hört nicht was sie zusammen sprechen.

1. Reporter: Er erklärt ihm.

(2.1.5)                                                                                                                                                                     Berliner Schieber & Dienstmann

Ein Berliner Schieber (sehr schnell zu einem Dienstmann): Kommen Se mal ran und laufen Se rüber ins Restaurang, kucken Se, ob dort'n Herr wachtet oder gehn Se zum Potje oder zum Ober und fragen Se nach dem Sektionscheff Swoboda, der von Zadikower aus Berlin Mitte bestellt ist, mit der einflußreichste Mann, den ihr in Wien jetzt habt, er möge noch wachten und 'n Tisch anjeben, das Treffbuch liegt vamutlich an der Auskunftei aus, falls ich vahindat wäre, will ich mit ihm Amdbrot essen, habe aber noch 'n Jeschäft, für den Fall hörn Se daß a vahindat wäre, möge er nachts nach dem Muläng rusche komm'n oder wie det Etablissemang jetzt heißt, Se wissen doch, wo die Mizzal tanzt, mit das schikste Mädchen, das ihr in Wien jetzt habt, ich komme fünfzehn Minuten vor zwölfe, nu man fix habn Se vaschtanden?

(Der Dienstmann betrachtet den Fremden erstaunt und schweigend.)

Berliner Schieber: Ja Menschenskind vaschtehn Se nich deutsch?

Der Dienstmann: Ahwoswoswaßiwossöwulln –

Berliner Schieber (sich empört an die Vorübergehenden wendend, die eine Gruppe bilden): Nu haste Worte, hörn Se mal, erlauben Se mal, das is'n ausjewachsener Skandal, was in eurem lieben Wien allens vorkomm' kann, ich habe hier als Reichsdeutscher ja schon manche Überraschung erlebt, so 'ne richtje Wiener Schlamperei ist man bei euch ja jewöhnt, ihr seid ja überhaupt 'n niedliches Völkchen, aber so etwas sollte man denn doch nich für möglich halten, das is doch wieder mal nur in Wien möglich, nee überhaupt daß sich eine Bevölkerung, mit der wir doch Schulter an Schulter kämpfen, so 'ne Sottise jefallen läßt, das ist doch kolomassiv, ihr Wiener habt ja nu eben keene Ahnung, daß ihr im Kriege seid, darum seid ihr auch schon nach einem Jahre untendurch, bei uns hingegen, da kann man sagen, ist die Stimmung ernst, aber zuversichtlich, bei euch hingegen – na, das sollte mal Hindenburch wissen, da will ich ihn nu mal gründlich orientieren –

Rufe aus der Menge: Ja was is denn gschehn?

Berliner Schieber: Was jeschehn is? Da fragen Se noch? Ulkjes Völkchen! Der Mann da, hat dajestanden wie'n richtich gehender Wiener Dienstmann, ich wollt ihn rüberschicken ins Restaurang mit 'ner wichtjen Nachricht für 'nen Sektionscheff, den ich bestellt habe, und er – ich bitte Sie, jetzt im Krieg –

Die Menge: Na was denn, was hat er denn tan?

Berliner Schieber: – und er antwortet mit englisch!

(Er entfernt sich in größter Erregung.)

(Die Menge sieht den Dienstmann fragend an, der seinerseits die ganze Zeit wie erstarrt dagestanden ist und sich nun stolz entfernt.)

Die Menge: Gott strafe England!

Ein Zeitungsausrufer: Extraausgabee –! Kroßa Sick da Vabündeteen!