3-15. Szene Eine
protestantische Kirche
Superintendent Falke
Superintendent Falke: – Dieser Krieg ist
eine von Gott über die Sünden der Völker verhängte Strafe, und wir Deutschen
sind zusammen mit unsern Verbündeten die Vollstrecker des göttlichen Strafgerichts.
Es ist zweifellos, daß das Reich Gottes durch diesen Krieg gewaltig gefördert
und vertieft werden wird. Und man muß hier klar und bestimmt eingestehen: Jesus
hat das Gebot »Liebet eure Feinde!« nur für den Verkehr zwischen den einzelnen
Menschen gegeben, aber nicht für das Verhältnis der Völker zueinander. Im
Streit der Nationen untereinander hat die Feindesliebe ein Ende. Hierbei hat
der einzelne Soldat sich gar keine Gewissensbisse zu machen! Solange die
Schlacht tobt, ist das Liebesgebot Jesu völlig aufgehoben! Es gilt nicht für
die Stunde des Gefechtes. Das Gebot der Feindesliebe hat für uns auf dem
Schlachtfelde gar keine Bedeutung mehr. Das Töten ist in diesem Falle keine
Sünde, sondern Dienst am Vaterlande, eine christliche Pflicht, ja ein Gottesdienst!
Es ist ein Gottesdienst und eine heilige Pflicht, alle unsre Gegner mit
furchtbarer Gewalt zu strafen und wenn es sein muß, zu vernichten! Und so
wiederhole ich euch, solange in diesem Weltkriege die Kanonen donnern, hat das
Gebot Jesu »Liebet eure Feinde!« keine Geltung mehr! Fort mit allen
Gewissensbedenken! Aber saget mir: Warum wurden so viele tausend Männer zu
Krüppeln geschossen? Warum wurden so viele hundert Soldaten blind? Weil Gott
dadurch ihre Seelen retten wollte! Schauet um euch und betet im Angesicht der
Wunder des Herrn: Bring uns, Herr, ins Paradies!
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