3-22. Szene                                                                                                                                                      Bureauzimmer bei einem Kommando

> download Word-Doc

(Anm. Die Festung Przemysl wird am 3. Juni 1915 wieder erobert, der Fronleichnamstag wird zur patriotischen Riesenfeier, bei der Zehntausende jubelnd durch die Straßen der Wiener Innenstadt ziehen. Das Rathaus, die Amtsgebäude und auch viele Privathäuser sind beflaggt. Siegestaumel und Zuversicht über den Kriegsausgang machen sich breit, so lässt sich auch die Einführung “fleischloser Tage” verkraften.)

Generalstäbler; Zwei alte Generale, Journalist

(3-22.1)                                                                                                                                                                         Generalstäbler am Telephon

Ein Generalstäbler (beim Telephon): – Servus, also hast den Bericht über Przemysl fertig? – Noch nicht? Ah, bist nicht ausgschlafen – Geh schau dazu, sonst kommst wieder zu spät zum Mullattieren – heut wird aber ja mullattiert – Also hörst du – Was, hast wieder alles vergessen? – Paß auf, Hauptgesichtspunkte: Während unsere Besatzung bekanntlich durch Hunger – jetzt ganz was andreas – der Feind unserer Gewalt gewichen – also keineswegs durch Hunger überwältigt, Feind hat nie gehungert! verstehst? nur wir! Russen hatten immer genug Proviant – konnten sich aber gegen den Elan unserer braven Truppen nicht halten, selbstverständlich – Gewalt unseres Angriffs – Ferner: Festung vollkommen intakt, unversehrt in unsern Besitz gelangt – modernste Geschütze – Wie? man kann nicht vergessen machen? altes Graffelwerk? Aber nein, jetzt nicht mehr natürlich! Alles kann man vergessen machen, lieber Freund! Also hör zu und mach kan Pallawatsch – modernste Festung – Österreichs alter Stolz – unversehrt zurückerobert. Nicht durch Gewalt, sondern durch Hunger, ah was red ich, nicht durch Hunger, sondern durch Gewalt! No wirst scho machen – wenns nur den Leuteln einleuchtet – jetzt is ja eh leicht – also servus! Schluß!

(3-22.2)                                                                                                                                                                                            Zwei alte Generale

(Zwei alte Generale treten auf.)

Der erste alte General: Ja, die Deutschen! Jetzt hams den Falkenhayn zum Doktor gmacht! Sixt, unsereins kommt zu so was nicht.

Der zweite alte General: Erlaub du mir, der Borevitsch (General der Infanterie) –

Der erste alte General: No ja, no ja, aber unsereins kommt zu so was nicht.

(Ein Journalist geht vorbei.)

Der erste alte General: Hab die Ehre, Herr Doktor!

Der Journalist: Exellenz, gut daß ich Sie treff, ich brauch Sie wie einen Bissen Brot – was is mit Brody?

Der erste alte General: Brody? Was soll denn mit Brody sein?

Der Journalist: No wegen der Schlacht bei Brody?

Der erste alte General: Ah, a Schlacht is bei Brody? Hörst auf!

Der zweite alte General: Marandjosef!

Der erste alte General: Also eine Schlacht. Ah so was! No und da wollen S' halt wissen – (nach einigem Nachdenken) No wissen S' was? Wer' mr scho machen.

Der Journalist (hastig): Ich kann also melden, noch ist Brody in unserem Besitze –? Oder nein wissen Sie was, ich weiß schon ich wer' melden Brody is so gut wie entsetzt!