3-24. Szene                                                                                                                                                                     Zwei Verehrer der Reichspost

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Erster Verehrer der Reichspost, Zweiter Verehrer der Reichspost

Zwei Verehrer der Reichspost treten auf.

Der erste Verehrer der Reichspost: Hast schon das Buch glesen »Unsere Dynastie im Felde«? Da muß man tulli sagen! Es zeigt den unmittelbaren Anteil, den die Mitglieder unseres angestammten Herrscherhauses an diesem Kriege nehmen, in einer Reihe anmutiger Bilder führt es uns alle die fürstlichen Soldaten vor, die draußen im Felde mit dem einfachen Manne Mühsal und Gefahr kameradschaftlich teilen. Mit dem allerhöchsten Kriegsherrn fängt die Reihe an.

Der zweite Verehrer der Reichspost: Hörst net auf, Seine Majestät unser erhabener (Kaiser) –?

Erster Verehrer: Weilst mich nicht ausreden lassen tust. – Wohl verbieten ihm Alter und gesundheitliche Rücksichten, hoch zu Roß bei seinen Feldgrauen zu weilen, wie er es in früheren Jahren so gern –

Zweiter Verehrer: Hörst net auf – wann denn?

Erster Verehrer: Weilst mich nicht ausreden lassen tust. – Wie er es in früheren Jahren so gern im Manöver tat. Aber inniger kann niemand mit diesem Kriege verwoben sein als dieser höchste und erste Soldat des Reiches, dessen Liebe und Sorge bei Tag und Nacht draußen im Feldlager weilt, bei seiner Armee, die in all ihrer Herrlichkeit und Schlagkraft vornehmlich seine Schöpfung ist. Von diesem Bewußtsein sind aber auch alle seine Soldaten, seine Braven, durchdrungen, mitten im Schlachtenbraus spüren sie die segnende Nähe seiner väterlichen Fürsorge. – Also verstehst, also teilt er doch mit dem einfachen Manne draußen im Felde kameradschaftlich Mühsal und Gefahr? No bist vielleicht ein Tepp, daß d' das nicht verstehst?

Zweiter Verehrer: No und was is nacher mit'm Thronfolger (Erzherzog Karl)? Was weiß der Verfasser (des Buches) von höchstdemselben zu berichten?

Erster Verehrer: Überaus anziehende Episoden. Kaltblütig verweilte er auf einer vom Feuer der feindlichen Artillerie bestrichenen Anhöhe, lächelnd sprach er mit den Soldaten, studierte er die Karte.

Zweiter Verehrer: Sein Humor und seine gute Laune wirkt wie elektrisierend auf seine Umgebung.

Erster Verehrer: In der Kriegsstimmung der Feuerlinie verzehnfacht sie sich. Ein Starkstrom, vor dem's keine Stimulanten gibt.

Zweiter Verehrer: Was is denn mit unserem Generalissimus Erzherzog Friedrich?

Erster Verehrer: Der Schlachtendenker? Der mit dem Generalstabschef Baron Conrad (von Hötzendorf) lange Nächte über die Karten gebückt sitzt? Unbegrenztes Vertrauen haben die Truppen zu ihm. »Unser Feldmarschall wird's schon machen!« sagen sie.

Zweiter Verehrer: Natürlich, er wird's schon machen.

Erster Verehrer: Weißt wie sie ihn nennen?

Zweiter Verehrer: Ihren SoIdatenvater nennen s' in halt, wie denn sonst?

Erster Verehrer: So is (es). Der Verfasser des Buches »Unsere Dynastie im Felde« (der Artur Gaspar) – du, der hat dir was erlebt! Ich stand zufällig in der Nähe, sagt er, in einer durch einen Hügel gedeckten kleinen Gruppe in Gesellschaft eines alten Rauhbarts, sagt er, aus der im Aussterben begriffenen Generation der in mehreren Feldzügen wetterhart gewordenen Veteranen, verstehst? Auch er beobachtete den Generalissimus in der Ferne. »Ich bemerkte auf seinen harten Zügen – «

Zweiter Verehrer: Du, das bitt ich mir aus –

Erster Verehrer: Aber er hats doch bemerkt, nicht ich –

Zweiter Verehrer: No aber wer hat denn harte Züge?

Erster Verehrer: No der alte Rauhbart (der Armeeoberkommandierende Erzherzog Friedrich)!

Zweiter Verehrer: Ah so, der alte Rauhbart, das is was andreas.

Erster Verehrer: Also der Verfasser des Buches »Unsere Dynastie im Felde« hat auf den harten Zügen des alten Rauhbarts eine Bewegung bemerkt, die er augenscheinlich zu unterdrücken suchte. Dann fuhr er mit seinem wetterfesten Kavalleristenhandschuh über die Augen, in welchen etwas Verdächtiges blinkte –

Zweiter Verehrer: Oha, Lichtsignale oder was, p. v. (politisch verdächtig) –!

Erster Verehrer: Weilst mich nicht ausreden lassen tust – herstellt! Und sagte mit einer bei ihm vorher nie wahr-genommenen Rührung: »Der Soldatenvater ...«

(Er schluchzt.)

Zweiter Verehrer (gleichfalls bewegt):No was is mit'n Josef Ferdinand?

Erster Verehrer: Jedem seiner Soldaten gehört sein Herz und alle Soldatenherzen gehören ihm. Ein Feldherr von unvergleichlichem Ruhme und ein schlichter, treuer, abgöttisch geliebter Soldatenkamerad. So wird sein Bild weiterleben in der unvergänglichen Geschichte dieses Krieges.

Zweiter Verehrer: Das is schön. Und der Peter Ferdinand?

Erster Verehrer: No also – kolossal. Wie er den Feind von den Höhen wirft, wie er im Schneesturm eiserne Wacht hält – also das sind Episoden von mitreißender Wucht und Größe.

Zweiter Verehrer: No und der Erzherzog Josef is nix?

Erster Verehrer: Der Heldenhafte! Die Soldaten erzählen sich, er sei unverwundbar.

Zweiter Verehrer: Geh! – Noja, darum hat er glaubt, daß auch seine Soldaten unverwundbar sind, und hat sie halt bißl mit Maschinengewehren von hinten –

Erster Verehrer: Halts Maul. Und alle beten ihn an, der Ungar wie der Schwab, der Rumäne, der Serbe – alle, wie s' da sind.

Zweiter Verehrer: Was, auch der Serbe?

Erster Verehrer: No und ob! Herzzerreißende Szenen sollen sich abgspielt haben. Kaum angedeutet kann dies werden.

Zweiter Verehrer: No was is denn mit'n Eugen?

Erster Verehrer: Der edle Ritter!

Zweiter Verehrer: No und der Max?

Erster Verehrer: No halt ein Feschak!

Zweiter Verehrer: Und der Albrecht?

Erster Verehrer: So jung wie er is, er teilt schon mit die Soldaten all die schweren Mühseligkeiten, kotige Wege, durchnäßte Kleider, schlechte Unterkunft, verdorbenes Brot, alles teilt er mit ihnen.

Zweiter Verehrer: Das sind die Helden der Tat. Was is mit den Helden der Barmherzigkeit?

Erster Verehrer: Hier wird der unvergängliche Ruhm geschildert, den sich Erzherzog Franz Salvator durch seine organisatorische Riesenleistung für das Rote Kreuz errungen hat, hier wird das hehre Beispiel geschildert, mit dem die Erzherzoginnen Zita, Marie Valerie, Isabella, Blanka, Maria Josefa, Maria Theresia, Maria Annunziata und viele andere Mitglieder des angestammten Herrscherhauses der öffentlichen Wohltätigkeit vorangingen. Worte glühender Bewunderung sind dem segensreichen, aufopfernden und heldenhaften Walten der Erzherzogin Isabella Maria gewidmet.

Zweiter Verehrer: Was is denn mit'n Leopold Salvator?

Erster Verehrer: Er hat sich verdient gemacht!

Zweiter Verehrer: Ein paar hast noch vergessen.

Erster Verehrer: Erzherzog Karl Stephan entfaltet eine rastlose Tätigkeit, Erzherzog Heinrich Ferdinand verrichtet ermüdende Melderitte, Erzherzog Maximilian ist eingrückt und gleich den Erzherzogen Leo und Wilhelm, Franz Karl Salvator und Hubert Salvator zum Leutnant ernannt worden und alle sind unerschrocken.

Zweiter Verehrer: Fürwahr ein reicher Lorbeerstrauß.

Erster Verehrer: Das Buch, das keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, wird seinen Ehrenplatz in der Literatur dieses Krieges behaupten.

Zweiter Verehrer (schluchzt).

Erster Verehrer: Was hast denn?

Zweiter Verehrer: Ich denk an das Prothesenspital.

Erster Verehrer: No deshalb mußt doch nicht weinen, Krieg is Krieg mei Liaber –

Zweiter Verehrer: Das weiß ich doch – es is auch nicht destwegen, es is wegen –

Erster Verehrer: No was denn? Was hast denn?

Zweiter Verehrer (weinend): Weilst mich nicht ausreden lassen tust. Ich denk halt allaweil an die Erzherzogin Zita im Prothesenspital! Einen Freudentag, der so manche Stunde des Schmerzes aufwiegt, brachte den Verwundeten der 8. Mai. Oft klang es an mein Ohr: »Wenn nur Erzherzogin Zita einmal käme!« – »Könnte ich doch Erzherzogin Zita sehen!« Endlich brach der ersehnte Tag an. Freudige Erregung vibrierte durch das ganze große lichte Haus. Um ¾ 10 Uhr vormittags fuhr das kaiserliche Auto vor, dem die Erzherzogin entstieg. Es war soeben ein neuer Transport Verwundeter angekommen.

(Er schluchzt.)

Erster Verehrer: No aber deshalb mußt doch nicht – Krieg is Krieg, mei Liaber –

Zweiter Verehrer: Das weiß ich – es is doch nur wegen der Zita – Also – Mit unvergleichlicher Anmut richtete die junge Erzherzogin an jeden der Neuankömmlinge das Wort. Es strahlte und leuchtete auf in diesen wetter-gebräunten Gesichtern, in welchen das Leid und der Schmerz so manche Furche gezogen. Deutsche und Ungarn, Polen und Tschechen, Rumänen und Ruthenen fühlten sich wieder inniger verkettet durch ein neues Band.

Erster Verehrer: No ja schön is schon mit die Prothesen –

Zweiter Verehrer: Die gleiche Freude machte ihre Herzen rascher schlagen. Jedem einzelnen brachte die hohe Frau, in der sie die gemeinsame Landesmutter erkannten, warmes Interesse entgegen, und wenn Patienten vorgeführt wurden, denen beide Füße durch künstliche ersetzt waren, mit denen sie sich flott vorwärts bewegten –

(Er weint.)

Erster Verehrer: Hör auf, Krieg is Krieg!

Zweiter Verehrer: Aber das weiß ich doch – es is ja wegen der Zita! Also wie sie sich flott vorwärtsbewegten, folgte der Erzherzogin Blick ihnen und man sah Freude in ihren Augen schimmern. Und alle vergaßen ihre Schmerzen, ihr Leid, es war der Frühling, das Hoffen, die Freude eingezogen. Als Erzherzogin Zita das Spital gegen 1 Uhr mittags verließ, blieb das Leuchten und Strahlen noch auf den Gesichtern, stolze Freude in den Herzen.

Erster Verehrer: Das kann ich ihnen nachfühlen. So ein Krieg is doch eine Passion. Wann einer das Glück hat und er kommt ins Prothesenspital und es trifft sich grad, daß ihm die kaiserliche Hoheit –

Zweiter Verehrer: Ja so einer kann von Glück sagen – aber weißt, es is und bleibt doch eine halberte Gschicht. Denn wanns einen nicht vergunnt is, für das angestammte Herrscherhaus zu sterben –!

Erster Verehrer: Ja, mei Liaber, das wird nicht jedermann zuteil! Man darf nicht unbescheiden sein. Was soll denn unsereins sagen?