3-4. Szene                                                                                                                                                                                                                     In Jena

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1. Student der Philosophie, 2. Student der Philosophie

Zwei Studenten der Philosophie begegnen einander.

1. Student der Philosophie: Ach Junge ich sage dir, das Leben ist doch schön, der Sieger vom (der Seeschlacht vom) Skagerrak ist Ehrendoktor unserer Fakultät!

2. Student: Offenbar wegen seiner Stellung zu Goethe.

1. Student: Nanu?

2. Student: Ja Menschenskind weißt du denn nicht, er hat sich doch über das U-Boot-Gedicht von Goethe geäußert!

1. Student: Wie, Goethe hat prophetisch erkannt –?

2. Student: Nee, nicht Goethe selbst, ich meine das berühmte Gedicht:


Unter allen Wassern ist – »U«.


Von Englands Flotte spürest du


Kaum einen Hauch ...


Mein Schiff ward versenkt, daß es knallte.


Warte nur, balde
R-U-hst du auch!

1. Student: Gottvoll!

2. Student: Also scheinbar sagt das 'n englischer Kapitän, aber es ist doch eigentlich von Goethe, nicht?

1. Student: Na und Scheer? (deutscher Admiral, Sieger von Skagerrak, Ehrendoktor der Universität Jena)

2. Student: Scheer hat sich darüber begeistert geäußert, er findet es famos und wünscht, daß die Befürchtung des englischen Kapitäns bald in Erfüllung gehen möge.

1. Student: Hurra! Ja nun verstehe ich, warum gerade eine so klassische Fakultät wie unser Jena – das hätte Schillern gewiß gefreut. Unser Rektor hatte knapp vorher so 'nem faulen Friedensfatzke das Verbot des Generalkommandos vorgelesen, worin dem Kunden das Handwerk gelegt wird. Hast du die Rede gelesen, die unser Rektor auf der Lauterberger Weltanschauungswoche gehalten hat? Fein. Ich sage dir, es geht vorwärts. Wie sagt doch (der preußische Generaloberst) Kluck? Das Haupt der Feinde in das Herz zu treffen, ist unser Ziel! Ja, ja, nun ist also Scheer Doktor in Jena.

2. Student: Schiller war Feldscheer. Dafür hat Hindenburg leider gar keine Beziehung zur Schönwissenschaft.

1. Student: Nee. Seitdem ihn damals Königsberg zum Doktor der Philosophie honoris causa gemacht hat, als er die Panjebrüder in die Tunke setzte – na ja, das mußte man anstandshalber, aber sonst? Nie hat man auch nur 'n Wort von ihm gehört –

2. Student: Na hin und wieder doch 'ne Sentenz wie »Immer feste druff!« oder »Vorwärts!«

1. Student: Ach, das wird vielleicht nicht von ihm sein.

2. Student: Aber eben jetzt hat er das Wort geprägt: »Ich warne vor den Miesmachern.«

1. Student: Da hätte höchstens die Universität Berlin – in dem Wort ist so gar kein deutscher Zug.

2. Student: Ja wie hätte er's denn sagen sollen?

1. Student: Wie? Ganz einfach: »Ein Hundsfott, wer 'n Miesmacher ist!«

2. Student: Nun ja – es scheint tatsächlich nur die Marine in der Philosophie verankert zu sein.

1. Student: Oder umgekehrt.

2. Student: Wieso?

1. Student: Na – da sieh mal (er liest eine Zeitungsnotiz vor:)

                »In Kiel hat zu Pfingsten die Schopenhauer-Gesellschaft getagt, die es sich zur Aufgabe gestellt hat, die Gedanken dieses großen, ebenso populären wie verkannten Philosophen zu verbreiten und im Bewußtsein der Menschen zu vertiefen. Den Abschluß der Tagung bildete der Besuch des Kriegshafens, wobei die kaiserliche Marine, vertreten durch Korvettenkapitän (Joachim) Schaper, die Teilnehmer durch Vortrag und unmittelbare Anschauung, einschließlich wiederholter Tauchungen, über die Geheimnisse eines U-Bootes größeren Typs unterrichtete.«

2. Student: Ich wußte nicht, daß (Joachim) Schaper Schopenhauerianer ist.